Kreuzfahrt nach Spitzbergen
Spitzbergen gehört wohl zu den außergewöhnlichsten Regionen der Erde. Die Region wird zwischen Mitte April und Ende August von der Mitternachtssonne beherrscht, das heißt, die Sonne geht in dieser Zeit nie unter. Die Eismassen beginnen zu schmelzen, so dass die Tundra teilweise vom Schnee befreit wird. Dabei ist das Landschaftsbild nicht eintönig geprägt durch „nur Tundra“ und „nur Eis“ sondern weist eine erstaunliche Vielfalt auf. Jede Insel und jeder Fjord überraschen mit anderen ganz eigentümlichen Besonderheiten, so dass es auf einer Expeditionsfahrt „im ewigen Eis“ nie langweilig wird.
Was für erstaunliche Entdeckungen ich in der Arktis noch gemacht habe, sehen Sie hier, Ihre Christin Vogel.
Ankunft in Longyearbyen und Einschiffung
Bereits bei der Landung habe ich einen atemberaubenden Blick auf die surreal wirkende Landschaft Spitzbergens. Nach etwa vier Stunden komme ich auf dem kleinen Flughafen Longyearbyen an, wo ich bereits von unserem Expeditionsleiter Rinie erwartet werde. Das Gepäck wird direkt auf das Schiff gebracht, während ich einige Stunden Zeit habe, mich in Longyearbyen umzuschauen. Der kleine Ort mit nur ca. 1500 Einwohnern ist leicht zu erlaufen. Hier habe ich die Gelegenheit das eine oder andere Souvenir zu erstehen, oder mir das Museum Spitzbergens anzugucken.
Meinen Nachmittagskaffee trinke ich in der außergewöhnlich gemütlichen Kirche des Ortes direkt vor dem Kamin. Gegen 16 Uhr spaziere ich in etwa 20 Minuten hinunter zum Hafen, wo ich im Zodiac auf das Schiff Plancius gebracht werde. Nach einem einführenden Vortrag, der Begrüßung durch die Crew und einem ausgezeichneten Abendessen schlafe ich erschöpft ein.
Wanderungen zwischen Kingsfjord, Krossfjord und 14. Juli Gletscher
Um 7 Uhr werde ich per Lautsprecher-Durchsage geweckt. Nach dem Frühstück hole ich meine Gummistiefel ab, die auf der Plancius kostenlos ausgeliehen werden können. Wir sind mittlerweile an unserem heutigen Ausgangspunkt, dem 14. Juli Gletscher, angekommen. Nach einem kurzen Briefing, wie wir uns auf den Zodiacs und bei den Anlandungen verhalten müssen, geht es los.
Für die 112 Passagiere an Bord der Plancius stehen zehn Zodiacs bereit, die Platz für 12 Gäste und den Fahrer bieten. Für die heutige Anlandung werden vier verschiedene Aktivitäten angeboten: Die Botanikerin der Crew führt Pflanzen-Begeisterte zu der hier größten Vielfalt an Pflanzen auf ganz Spitzbergen. Eine weitere Gruppe wird von dem für diese Tour engagierten Fotografen geführt, während sich die Kajakfahrer direkt vom Schiff aus aufmachen die Küste im Kajak zu erkunden. Ich entscheide mich für die lange Wanderung, die von dem Trekking-Spezialisten an Bord geleitet wird.
Etwa vier Stunden lang geht es zwischen dem Kingsfjord und Krossfjord durch die Tundra hinauf auf einen Berg, von dem aus man einen wunderbaren Blick auf den riesigen Gletscher hat. Meine Schwimmweste und Gummistiefel habe ich an unserem Ausgangspunkt zurückgelassen. Denn vor den Aktivitäten gibt die Crew stets bekannt, ob wir auf Grund des Terrains unsere Gummistiefel anbehalten sollten, oder diese an Land gegen Wanderschuhe eintauschen können. Entgegen meiner Befürchtungen ist es hier erstaunlich warm, so trage ich neben meinen Wanderhosen und warmen Leggins nur ein T-Shirt unter meiner Expeditionsjacke. Am Nachmittag steht eine weitere ca. dreistündige Wanderung in Tikyra Bukkta an, wo wir gerade erst geborene Rentiere beobachten können.
Zodiac-Fahrt im Raudfjord und Fuglesangen
Im Raudfjord unternehmen wir am Vormittag eine etwa dreistündige Zodiac-Fahrt. Obwohl wir erst drei Tage unterwegs sind, merke ich, wie sich die Landschaft täglich, manchmal sogar stündlich, ändert. Während bei den Wanderungen des vorhergehenden Tages kaum Schnee zu sehen war und die Temperatur sicherlich um die 10 C° betrug, ist es heute neblig, eisig kalt und abgesehen von einem großen Vogelfelsen, an dem tausende Möwen nisten, ist alles vollständig mit Eis bedeckt. Noch nie zuvor befand ich mich in einer so surrealistisch wirkenden Umgebung: Neben den riesigen Eisbergen wirken unsere Zodiacs wie Spielzeug-Boote.
Am Nachmittag besuchen wir ein Paradies für Vogelliebhaber und Fotografen – den Vogelfelsen. Hier brüten Tausende von Krabbentauchern, die sich, so sie sich einmal an die Anwesendheit der Menschen gewöhnt haben, völlig unbefangen bewegen und voller Neugier Stück für Stück näher an die Fotografen heran hüpfen. Später am Abend entdecken wir von der Lounge aus unsere erste Bartrobbe, die uns von ihrer Eisscholle aus neugierig beobachtet. Für große Aufregung sorgt auch der erste Eisbär, der vor uns in der Ferne auftaucht, doch dieser “Star der Arktis” soll uns später noch öfter den Atem verschlagen.
Eisbären, Eisbären, Eisbären!
Ein strahlend blauer Himmel sowie der nächste Eisbär nicht weit von uns entfernt erwarten uns bereits zum Frühstück. Auf einer Zodiac-Safari im Liefdeford und Woodfjord kommen wir der Eisbärendame erstaunlich nah, was für jede Menge Aufregung und viele tolle Fotoaufnahmen sorgt. Sobald in der Arktis Polarbären gesichtet werden, werden aus Sicherheitsgründen umgehend alle Landgänge gestrichen und stattdessen Zodiac-Fahrten angeboten.
Nachmittags begeben wir uns daher erneut im Zodiac auf die Suche nach Bären, Robben und Vögeln. Unser Schiff scheint mit viel Glück gesegnet zu sein, denn wir werden Zeuge eines einzigartigen Naturschauspiels: Eine Eisbärenmutter mit zwei Jungen wandert an der Küste entlang. Während ein Eisbären-Junges kurz zurückbleibt, kommt ein fremdes erwachsenes Weibchen dazu. Obwohl die Männchen den Jungen in der Regel sehr viel gefährlicher werden können, ist die Mutter nervös und angespannt und versucht ihr Junges dazu zu bewegen, sich ihr und dem Geschwisterchen anzuschließen. Glücklicherweise lässt die fremde Eisbärendame den Kleinen in Ruhe und die Kleinfamilie trottet davon.
Doch wir haben keine Zeit die Szene auf uns wirken zu lassen, denn auf einmal tauchen zwei Minkwale nahe an unseren Booten auf, während eine Bartrobbe neben unserem Zodiac her schwimmt und die fremde Eisbärendame sich in aller Ruhe hinlegt und uns aus sicherer Entfernung beobachtet.
Sorgfjord und Murchisonfjord
Am Vormittag ist es so stürmisch, dass keine Anlandung statt findet. Dafür erfahren wir in zwei Vorlesungen nicht nur viel Wissenswertes über Eisbären und Elfenbeinmöwen, sondern auch Details zu dem so viel diskutierten Thema Klimawandel. Nachmittags können wir am Sorgfjord endlich an Land gehen. Erneut teilen sich die Passagiere in vier Gruppen auf und so wandere ich ca. dreieinhalb Stunden lang zu einem beeindruckenden Gletscher hinauf auf einen Berg, von dem aus man eine tolle Aussicht auf die unendliche Weite der Arktis hat.
In der Hinlopenstraße
Wir befinden uns bereits mitten in der Hinlopenstraße zwischen Westspitzbergen und Nordaustlandet. Auf Torrellneset entdeckt die Crew, die nahezu 24 Stunden am Tag Ausschau nach Robben, Eisbären und Walen hält, eine große Walrosskolonie. Die Annäherung an diese gewaltigen Tiere, die bis zu 2000 kg wiegen können, erfordert Geduld und Ruhe, denn obwohl die Walrösser meist entspannt am Strand liegen, können Sie bei Gefahr geschwind ins Meer gleiten.
Doch diese Walrosskolonie ist uns besonders freundlich gesinnt: Normalerweise „erdulden“ die Tiere Menschen in ihrer Umgebung nur, schenken ihnen aber keine weitere Beachtung. Doch die Kolonie auf Torrelneset ist so neugierig, dass sie uns begrüßen kommt und ganz nah um unsere Zodiacs schwimmt. Später ziehen sich die Kolosse wieder auf ihren angestammten Platz zurück und lassen sich in aller Ruhe von uns fotografieren.
Viel Eis und noch mehr Eisbären
Je weiter man um Spitzbergen herumfährt, desto mehr Eis erwartet einen auf dem Weg nach Osten bzw. später nach Süden. Die Landschaft um uns herum wirkt nun völlig unwirklich: So weit das Auge blickt sind nur Eisschollen zu sehen – der perfekte Lebensraum für Eisbärenmännchen. Von denen begegnen uns heute gleich drei. Dabei versucht der Kapitän die Plancius stets so nah wie möglich bzw. so nah wie erlaubt an die Eisbären heran zu manövrieren. Die Bären nähern sich dem Schiff neugierig und scheinen keinerlei Angst zu verspüren. Wir haben sehr viel Glück und können sie lange beobachten, wie sie entlang der Eisschollen wandern und sich auf dem Eis hin- und herrollen.
Weiterfahrt Richtung Longyearbyen und ausgedehnte Wanderungen
In der Nacht haben wir bereits wieder den Rückweg angetreten und erkunden nun erneut die Gegend um den 14. Juli Gletscher. Auf einer ausgedehnten Wanderung haben wir viel Zeit um die gigantischen Landschaftseindrücke in uns aufzunehmen und diese zu fotografieren. Wir können uns kaum von der Szenerie trennen und unsere Guides müssen uns förmlich zur Rückkehr auf das Schiff zwingen. Am Nachmittag ist der Besuch der Forschungsstation Ny Alesund vorgesehen. Da ich noch über genügend Kraftreserven verfüge, entscheide ich mich für eine „kurze“ ca. zweistündige Wanderung entlang der Küste bis nach Ny Alesund.
Begegnung mit Rentierfamilien
Der unvergessliche Insel-Archipel verabschiedet sich regenreich von uns. Ein letztes Mal nutzen wir den Vor- und Nachmittag für eine Wanderung. Trotz des Regens erwartet uns ein letztes Highlight der Reise. Hier auf Alkhornet lassen uns Wilde Rentiere, die auf Spitzbergen ihr Zuhause gefunden haben, ganz nah an sich heran kommen. Genüsslich grasen sie neben der Gruppe und haben selbst um ihre Jungen, die sich stets ganz nah bei der Mutter aufhalten, keine Angst.
Verabschiedung von Spitzbergen
Nach einem köstlichen Frühstück, dass mir in den kommenden Tagen sicher fehlen wird, werden wir per Busshuttle zum kleinen Flughafen Longyeabyen gebracht um von dort aus nach Hause zu fliegen.